Wir Funker kennen ihn gut, den Quarzoszillator. Dieses Bauteil ermöglicht uns das Einstellen und Filtern von verschiedene Frequenzen und erleichtert uns so die Suche nach neuen Funkverbindungen. Besonders stabil schwingende Oszillatoren können für die Normierung der Frequenzskalen unserer Funkgeräte benutzt werden. Hierbei werden keine Kosten und Mühen gescheut, um Schwankungen in Temperatur und Versorgungsspannung möglichst gering zu halten. Spannung? Natürlich. Damit ein Quarz schwingt, benötigt er Strom. Aber lässt sich das Prinzip auch umkehren?
Jeder, der schon einmal akustische Gitarren, Cellos, Geigen oder ähnliche „analoge“ Instrumente mit Saiten aus Haar oder Nylon gehört hat, kann das bestätigen. Denn piezoelektrische Tonabnehmer setzen mechanische Schwingungen in Strom um und werden oft an und in klassischen Instrumenten verbaut. Sie erzeugen AC Signale, die dann elektrisch verstärkt ins Publikum getragen werden können.
Doch welches Prinzip ermöglicht uns das und warum ist das interessant?
Quarz besteht aus Silizium und Sauerstoff (Si4+O2-2). Dabei ist der Aufbau der zwei unterschiedlichen Atome durch thermodynamische Prinzipien streng geregelt. Daher besitzen Einkristalle aus Quarz bei gegebener Temperatur und Druck stets die gleiche Symmetrie: Jedes vierfach positiv geladene Siliziumatom sitzt bei “Normbedingungen”* in der Mitte eines Körpers mit der Form einer Dreieckspyramide (Tetraeder), welche aus vier doppelt negativ geladenen Sauerstoffatomen aufgebaut ist. Wird diese Struktur gestaucht, polarisieren sich die Oberflächen des Kristalls aufgrund der Ladungsverschiebungen, sodass die Nettospannung einen elektrischen Dipol erzeugt.
Wir wissen also, dass durch Druck elektrische Ladungen im Quarz verschoben werden können. Kann sich diese Ladung dann auch auf die Umgebung übertragen? Ja und wir Funkamateure können diese Effekte grundsätzlich via Funk verfolgen.
In der Erdkruste ist unser Quarz das zweithäufigste Mineral und daher in vielen Gesteinen enthalten. Kommt es zur großmaßstäblichen Kompression von quarzreichen Gesteinskörpern (z.B. Granit) wird es besonders spannend: Wir benötigen nun die Hilfe von tektonischen Kräften, welche auch Gebirge formen (die Alpen heben sich immer noch) und häufig Erdbeben auslösen**:
Forscher um Eric Ferré (SIU) fanden Gesteine, welche auf Hochspannung im tieferen Untergrund hinweisen: Sie sind stark zerbrochen und enthalten Adern aus Glas (Pseudotrachyte). Aufmerksam wurden die Forscher durch den Nachweis von ausgerichteten, stark magnetisierten Eisenpartikeln im Gestein. Das Interessante: Die Proben stammen aus Bereichen, welche als ehemalige Erdbebenzonen interpretiert werden und die starke Magnetisierung deutet auf den Einfluss von Strömen hin, die im Zusammenhang mit Erdbebenereignissen stehen könnten.
Doch gibt es Hinweise über der Eroberfläche und in der Atmosphäre, die solche Überlegungen stützen könnten?
Durchaus, denn bei mehreren Erdbeben der vergangenen 1500 Jahre wurden deutliche, gewitterähnliche Lichterscheinungen am Himmel beobachtet. So auch beim jüngsten großen Erdbeben in Mexiko am 8. September 2017:
Wissenschaftler interpretieren diese Phänomene als Entladungen von elektrischen Spannungen im Untergrund, die während größeren Erdbeben auftreten können. Man kann sich dies als „umgekehrte Blitze“ vorstellen. Aus persönlichen Gesprächen weiß ich zudem von Piloten in Nordamerika, welche von Funkstörungen wenige Tage vor Erdbebenereignissen berichteten. Einige Forscher glauben sogar, dass großmaßstäbliche Störungen der Ionosphäre als Erdbebenvorzeichen zu interpretieren seien. Besonders das VLF/LF Spektrum (3 bis 300 kHz) scheint hier besonders hilfreich.
Könnten hohe Drücke in der Erdkruste auch für sporadic E verantwortlich sein? Systematische Studien hierzu sind leider schwierig, da nur wenige Erdbeben von Lichterscheinungen durch atmosphärische Ionisierung begleitet werden. Ein dichteres Beobachtungsnetz würde helfen, um weitere wissenschaftliche Studien zu ermöglichen. Potentielle Kandidaten wären Erdbeben mit Epizentren <100 km und M>6.0.
Sicherlich werde ich ab jetzt öfters auf die sporadic E Ausbreitungen schauen und vielleicht lernen wir Funkamateure das QRN nun ein wenig mehr zu schätzen, denn es könnte einem guten Zwecke dienen. Eine Übersicht über die letzten Erdbebenaktivitäten findet sich übrigens hier .
Wir wissen also, dass QRN durch elektrische Entladungen bei natürlichen Prozessen erzeugt wird. Neben Erdbeben und den damit häufig verbundenen Notfunkaktivitäten, äußern sich Funkamateure oft zu den Auswirkungen von Gewittern oder Sonnenstürmen. Letztere sind zwei von zahlreichen elektromagnetischen Strahlungsquellen, die uns permanent umgeben. Geophysiker machen sich diese Strahlungen als anregende (primäre) elektromagnetische Felder zu Nutze, denn sie induzieren elektrische Wirbelströme in leitfähigen Strukturen der Erde. Diese Ströme erzeugen wiederum zeitlich veränderliche Magnetfelder mit einem Periodenspektrum von 10-8 bis 106 Sekunden, welche mit einem Magnetometer messbar sind (Magnetotellurik). Diese Methode ermöglicht beispielsweise die Rekonstruktion des Verlaufs von elektrischen Leitfähigkeiten im Untergrund.
Hier seht ihr zum Beispiel einen Testaufbau zur Messung von Frequenzen von 10 Hz bis 4 kHz mit einem Magnetometer (Nahaufnahme) und mehreren Edelstahlelektroden (typischerweise werden mit Salzwasser benetzte Silberelektroden benutzt):
(Magnetometer Testaufbau vom 6.10.17. in Frankfurt Main)
Da die Eindringtiefe von elektromagnetischer Strahlung frequenzabhängig ist (Skin Effekt), können durch die Auswertung verschiedener Frequenzen gezielt Aussagen über die Geologie in bestimmten Tiefenbereichen der Erde getroffen werden. Der Datenlogger empfängt dabei übrigens DCF77 (77.5 kHz) als Zeitbasis.
/Dk1DE
*Erdoberfläche: α-Quarz, stabil bis 573 °C
** typisch sind 1500 Erdbeben pro Jahr mit M>5.0, 139 pro Jahr mit M>6.0 auf der R. Skala